Die Hessen-SPD und ihre "strategische" Politik

Nach unserem Schritt mit dem Beitrag Die Finanzmarktkrise aus der Sicht von Oskar Lafontaine auch die Politik in unseren Blog einziehen zu lassen, folgt nun heute erneut ein „politischer“ Beitrag.

Allerdings von unserem neuen „Kooperationspartner“ Lars Brand von dg77.de, den ich bereits in dem Artikel Die Finanzmarktkrise aus Sicht von einem, der glaubt, davon nichts zu verstehen, vorgestellt habe.

Lars ist seit Jahren kritischer Beobachter der politischen Szene und sicher besser geeignet über ein politisches Thema zu sprechen, als ich es je sein würde.

Ich betone, dass hier lediglich persönliche Meinungen und Ansichten geäußert werden, die fernab von irgendwelchen politischen Empfehlungen sind.

Von Lars Brand

Ypsilanti oder der Sieg des Spiegels

„Guten Morgen!“ mag einer der sogenannten Abweichler gedacht haben. Gerade, als er zum ersten mal wirklich in den Spiegel schauen wollte kam ihm sein demokratisches Grundverstaendnis in Form der eigenen Wahrheit vor Augen und oeffnete ihm sprichwoertlich dieselben. Nachdem sich Frau Metzger in Hessen bereits seit Monaten meine Hochachtung verdient hatte, verhindern nun weitere drei Mitglieder ihrer Partei den Sieg der Zerfressenheit. Aber lassen wir noch einmal die Ereignisse (samt Bewertung) Revue passieren.

Die Landtagswahlen in Hessen brachten ein fuer alle Parteien derart unglueckliches Ergebnis, dass sich keine Regierungskoalition bilden liess. Einziger Gewinner waren die Linken, die ich aber an dieser Stelle nicht unter den Sammelbegriff „Partei“ stellen moechte; sie waren (positiv formuliert) das Zuenglein an der Waage, genau betrachtet wie allerortens aber ein populistisch agierender Haufen frustrierter Altehemaliger, die sich daran ergoetzen ihre erlernten Faehigkeiten im Propagandatum zum eigenen Ruhm einzusetzen.

Nachdem nun klar war, dass weder Rot-Gruen noch Schwarz-Gelb eine Mehrheit zur Regierungsbildung auf sich vereinen konnten, kam das Schlimmste zum Vorschein, das die menschliche Seele zu bieten hat: Gier! Die Aussicht auf den gut dotierten Posten eines Ministerpraesidenten brachte die Stewardess Andrea Ypsilanti dazu, all ihre Wahlversprechen und internen (und nach aussen getragenen) Ordern der Bundes-SPD ueber Bord zu werfen; sie wollte sich und ihre Gesinnungsgenossen (mir waere an dieser stelle beinahe das wort „Zellenkumpanen“ entschrieben, doch leider steht das Handeln von Frau Y. nicht im StGB) der Gruenen, allen voran Herrn Al-Wazir, zu den neuen Fuehrungshaeuptern des Bundeslandes Hessen kueren lassen – unter Duldung der Linken. Ob das nun politisch langfristig realisierbar waere, lassen wir an dieser Stelle dahingestellt – allein die Tatsache, ein wenige Tage zuvor beinahe geschworenes Versprechen von jetzt auf gleich zu brechen und alle ethischen Bedenken ohne Nachhall ueber Bord zu werfen entbehrte schon jeder Grundlage, auf der Serioesitaet aufgebaut ist.

Nach dem ersten Hin und Her mit der eigenen Parteispitze – in dieser Zeit regierte der CDU-Koch komissarisch – war zunaechst klar, dass dieses Verhalten „den Waehlern nicht vermittelbar“ war und von der Bundes-SPD nicht geduldet wuerde. Dazu kam eine aufrechte Dame aus Hessen, die ihr Mandat sehr ernst nahm und sich ihrem Gewissen verantwortlich fuehlte. Frau Metzger machte in aller Deutlichkeit klar, dass Stewardess Y. zwar die Stimmen der Linken bekaeme, nicht aber ihre selbst und somit die eine Stimme zur Ministerpraesidentin Y. fehlen wuerde. Die nachfolgenden Drohungen der Stewardess, die von Skrupellosig- und Ahnungslosigkeit gleichermassen kundeten, bewarfen frau Metzger oeffentlich mit Dreck und Woerter wie Parteiausschluss zeugten von einem mehr als gesunden Verstaendnis von Demokratie. An dieser Stelle nochmals: Danke frau Metzger, eine der letzten Bastionen des eigentlich demokratischen Grundgedankens.

Leider stolperte Herr Beck aus der Pfalz – wahrscheinlich nicht zuletzt – gerade ueber den Y-Stein; Herr Beck ist nun nicht mehr der Bundes-Beck sondern wieder der Pfalz-Beck. Die neue Bundes-SPD ueberliess es Stewardess Y., wie sie in Hessen verfahren wolle.

Gesagt, getan. Den Plan noch nicht ueber Bord geworfen warf Stewardess Y. nun alles, was sie an (auch nur annaehernd) Politischem finden konnte auf ihre Seite und beschloss, sich unter Duldung der Linken mit den Gruenen zusammen zur Ministerpraesidentin waehlen zu lassen. hier sei aber angemerkt, dass sie nicht die Gewinnerin der Wahlen gewesen war. Zwar hatte auch der CDU-Koch nicht gewonnen, eine knappe Mehrheit aber blieb ihm noch.

Gespraeche, blabla und sinnentleerte Begruendungen vor der Presse und dazu ein Koalitionsvertrag – fertig ist die neue Regierung. Noch kurz die Probeabstimmung am Montag abend, davor zum Fruehstueck…au weia! Und so muss man es erfahren? Ueber die Presse? Es gibt noch mehr „Abweichler“, Stewardess Y.?

Am Tag vor der Wahl gesellten sich noch drei weitere Aufrechte SPD-Mandatstraeger zu Frau Metzger und machten klar, dass auch sie es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren konnten, eine SPD-Regierung in Hessen unter Duldung der Linken zu stellen. SPD-Generalsekretaer Norbert Schmitt sprach hierauf von einem „Verstoss gegen die Grundprinzipien der SPD […], gegen Solidaritaet, Demokratie und menschliche Fairness.“ Und jetzt meine Frage, Herr Schmitt: Welches Demokratieverstaendnis haben denn Sie? Die Mandatstraeger der SPD sind gemaess eben diesem Mandat nur sich und ihren Waehlern verpflichtet, nicht aber der SPD. Ob das die Partei gerne hoert oder nicht, ist mehr als voellig egal. Ob Sie das gerne hoeren oder nicht, ist genauso egal wie der beruehmte chinesische Sack Reis. Im Gegenteil: Dass sich jemand mit ihrer Grundeinstellung in einem fuer die politische Willensbildung verantwortlichen Organ (kurz Partei) in diesem Land in verantwortungsvoller Position befindet und sich auch noch oeffentlich aeussern darf, das Herr Schmitt, das ist der Verstoss gegen die Demokratie, das ist sogar ein Schlag ins Gesicht derselben. In solchen Momenten sollte man sich schaemen, jemals daran zu denken, einen Eid zu schwoeren…

Da wir jetzt aber wieder beim Sieg der Gerechtigkeit und Wahrheit angelangt sind (weiss Gott selten in diesen Tagen…), die nebeneinander langsam in den Sonnenuntergang reiten, bleibt fuer mich nur Folgendes festzustellen: Die Damen und Herren Mandatstraeger der SPD haben nicht nur meinen Dank sondern auch meinen hoechsten Respekt verdient. Die innerparteilichen Konsequenzen sind die Lachplatte ueberhaupt und machen allein als Worthuelsen die SPD auf Jahre hinaus fuer mich unwaehlbar. Diese Herrschaften allerdings sind die wahren Reiter der Demokratie, jene, die morgens noch in den Spiegel sehen koennen ohne dabei vom eigenen machtzerfressenen Gewissen eingeholt zu werden. Wo wir es gerade vom eigenen Gewissen und der Macht- und Geldzerfressenheit haben: Der Lukas ist das auch nicht mehr. Recht desillusioniert redet er zwischenzeitlich selbst vom verklausulierten Abschied und seiner Rueckkehr zum FC. Oder, wie es Herr Hoeness mit Zornesfalten formulierte: „Fuer ihn gibt es nur Koeln, Koeln, Koeln. Er traeumt von Koeln Tag und Nacht.“ Genau wie ich von der Wahrheit, Lukas. Vielleicht sollten wir uns mal zusammentun…


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