Ein Loblied auf die Aktie
27. Januar 2011 von Redaktion | kein Kommentar
Die Deutschen und das liebe Geld sind gemeinhin für ihr spezielles Verhältnis bekannt. Umso erstaunlicher, dass die Aktie immer weniger Anhänger hat und in den Hintergrund bei der Geldanlage rückt. Betrachtet man die am Dienstag veröffentlichten Zahlen des Deutschen Aktieninstituts hätte eigentlich ein Aufschrei durch die Medien und die Politik gehen müssen. Das Thema Altersvorsorge wird immer wieder in allen Varianten durchgekaut, aber wenn eines der sinnvollsten Bausteine immer seltener genommen wird, nimmt man das nur wenig wahr. Wie ernst die Lage für die Aktienkultur ist zeigt ein simpler Vergleich: Im Jahr 1999, also zu Beginn des Internetbooms, besaßen 8,23 Millionen Deutsche Aktien und Fonds. Im zweiten Halbjahr 2010 sind es noch 8,18 Millionen Deutsche. Man kann also von einem verlorenen Jahrzehnt für die Aktie sprechen, vor allem, wenn man den Höhepunkt im Jahr 2001 betrachtet. Damals waren stolze 12,85 Millionen Deutsche Besitzer von Aktien oder Fonds. Man sprach bereits von einer neuen deutschen Aktienkultur. Aber die scheint endgültig verloren zu sein – so sie überhaupt existiert hat. Selbst das Deutsche Aktieninstitut geht davon aus, dass die Zahl der Enttäuschten sehr groß ist und nur mit sehr viel Überzeugungsarbeit zurück an die Aktie geführt werden können.
[ad#Google Adsense L_rechts]In der Hoffnung, dass diesen Beitrag auch Nichtaktionäre lesen, will ich kurz die Aktie als Anlageform erklären. Bei der Aktie handelt es sich um ein verbrieftes Besitzrecht am Bruchteil eines Unternehmens. Damit ist die Aktie mit dem Genossenschaftsanteil an einer Genossenschaft, wie sie viele Volksbanken sind, vergleichbar. Als Aktionär kann man jedoch auf zwei Arten vom Geschäftsverlauf profitieren. Ähnlich wie bei einer Genossenschaft werden auch bei einer Aktiengesellschaft Gewinne in Form einer (jährlichen) Dividende ausgeschüttet. Die zweite und häufig lukrativere Form ist die Wertsteigerung der Aktie. Da die Aktie normalerweise an einer Börse gehandelt wird, verändert sich der Wert der Aktie im Spiel von Angebot und Nachfrage. Durch den Handel mit Aktien kann man also auch zwischen den Dividendenausschüttungen von der Aktienanlage profitieren. Darüber wie man die größten Gewinne einfährt, wurden schon sehr viele Bücher geschrieben und es gibt ebenso viele Theorien. Das wichtigste ist meiner Meinung nach, nie auf nur ein Pferd zu setzen und nach Möglichkeit große Verluste zu vermeiden. Der Rest ist Übung, Ausdauer und ein richtiges Händchen, um jetzt mal den Begriff Glück nicht zu nennen.
Doch zurück von den Grundlagen. Die Zahl über die rückläufige Aktionärsquote macht deutlich, wie wenig Ahnung die Deutschen insgesamt von Geldanlage haben. Das Sparbuch und Tagesgeld wird immer noch als sicheres Allheilmittel gesehen und das bei Zinsen unterhalb der Inflationsrate. Sicherheit geht vielen offenbar noch immer über Rendite. Alles in allem ist das Verhalten der Bürger einer der führenden Wirtschaftsnationen der Welt schon seltsam. Da beruft man sich auf die Soziale Marktwirtschaft und die Teilhabe der Menschen an der Wirtschaft. Man ist stolz auf die Erfolge der deutschen Konzerne und dennoch sind die meisten Unternehmensstars inzwischen in fremder Hand. Fremde Staatsfonds und „Heuschrecken“ aus Übersee verbreiten Angst und Schrecken und bei Übernahmeangeboten wie jüngst bei Hochtief ist der Aufschrei groß. Doch wenn keine deutschen Aktionäre mehr an Bord sind, braucht sich niemand zu wundern, dass die Bindungswirkung der Aktionäre aus dem Ausland gegen Null geht. Selbst Belegschaftsaktien finden nicht den Anklang. Da braucht dann auch kein Linker mehr mit der zwingend notwendigen Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital kommen…die wollen offenbar schlicht nicht. Dabei wäre für den Standort Deutschland eine wirkliche Aktienkultur ein Segen. Denn jeder Aktionär lernt auch als Unternehmer zu denken und kann sich so in manche Handlungsweise besser hineinversetzen. Seitens der Politik ist da aber sicher nur wenig Engagement zu erwarten. Die tut sich selbst schwer und sorgt zudem mit gut gemeinten Aktionen wie der Einführung der Abgeltungsteuer eher für den gegenteiligen Effekt.
[ad#Google Adsense XL_links]Doch müsste die Politik eigentlich froh sein, wenn sich die Menschen selbst um gewisse Angelegenheit kümmern. Dann wären auch Probleme wie bspw. mit der immer schwierigeren gesetzlichen Rente nicht mehr ganz so dramatisch. Aber Eigenverantwortung wird ja in Deutschland sowieso als überbewertet angesehen. Stattdessen streitet man sich herum, wie man Finanzberatung besser ausgestaltet. Manchmal ist die Antwort sehr leicht: Wüssten die Leute was ihnen wirklich so von „Profis“ angeboten wird und würden sie die Chancen und Risiken kennen, würde die Zahl der Falschberatungen sehr schnell zurückgehen. Doch Begriffe wie Aktien, Rendite und gar der Zusammenhang mit dem Risiko sind in der deutschen (Schul-)Bildung nicht vorgesehen. Dabei versteht man die Finanzwelt mit wenigen Grundlagen im Hinterkopf zumindest in Ansätzen: Man bekommt nichts geschenkt und wenn doch, verdient das Gegenüber daran. Kein Gewinn ohne Risiko.
Das schöne ist, dass man schon allein durch beobachten, was andere tun oder nicht tun, sehr viel lernen kann. Und dann klappt es auch recht rasch mit der Aktienanlage. Man muss sich einfach mal trauen, die Geldanlage selbst in die Hand zu nehmen. Idealerweise fängt man mit einem gespielten Depot an. Wobei man nicht unterschätzen sollte, dass die echte Anlage psychologisch immer nochmal etwas anderes ist. Aber so wie man ein Auto kauft oder einen neuen Computer, kann man auch an die Geldanlage heran gehen. Dort versteht ja auch nicht jeder alles bis ins kleinste Detail. Und dennoch würde niemand sagen: „Uiii, ich versteh den neuen Einspritzmotor nicht, da lauf ich doch lieber weiter zu Fuß und kauf mir kein Auto.“ Von daher kann man nur raten: Informieren, ausprobieren und Spaß an der Geldanlage haben – denn der kommt garantiert, spätestens mit den ersten selbstverdienten Gewinnen!
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dieboersenblogger.de