Andere anders sein lassen – Der aktuelle Fall Karl Unterkircher am Nanga Parbat

Seit einigen Tagen verfolge ich das schwere Bergsteigerunglück von drei Bergsteigern – darunter der Extrembergsteiger Karl Unterkircher – im Himalaya an dem als sehr schwer besteigbar geltenden Achttausender Nanga Parbat.

Die Idee zu diesem Artikel hatte ich aufgrund einiger Gästebucheinträge auf der Internetseite Karl Unterkirchers. Dort bekunden die meisten Besucher ihr Bedauern über diesen Vorfall und den wahrscheinlichen Tod des Ehemannes und dreifachen Familienvaters. Soweit ist das der Situation auch angemessen, wie ich finde.

Es gibt aber einige „Schlauberger“, die über die Lebensweise und die Unternehmungen Unterkirchers richten. Es sei „<...unverantwortlich...>“ und äußern, ob es das „wert“ sei.

Wieso bilden sich Menschen ein, eine Verhaltensweise eines anderen bewerten zu können, obwohl sie nur in ihrer eigenen Vorstellungswelt leben und von dem anderen gar nichts wissen und die Motive dazu nicht verstehen?

Wie so oft betrachten wir hier eine Situation im Nachhinein. Da scheint die vorher mögliche Antwort immer so offensichtlich. Hätte Karl Unterkircher nicht wissen müssen, dass er so eine Expedition mit dem Leben bezahlen könnte? Ich schreibe es extra dazu: Dies ist eine rhetorische Frage. Glauben diese Leute im Ernst, dass ein Mann wie er das nicht wusste?

Jemand der solche Risiken eingeht, und das nicht zum ersten Mal, weiß so etwas, zumindest macht er sich diese bewusst (und hat auch in seinem Blog darüber berichtet). Dass auch er jedes Mal – auch bei aller Vorbereitung auf so eine Tour – die Hoffnung hat, es möge gut gehen, dürfte meiner Meinung nach wohl außer Frage stehen.

Sich selbst besser verstehen lernen

Für mich ist eine der verstricktesten Aufgaben, die man auf seiner Reise durch das Leben zu bewältigen hat, zu akzeptieren, dass andere einfach anders sind als man selbst. Man kann versuchen es zu verstehen, warum jemand so oder so ist, mehr aber auch nicht.

Es ist schon schwierig genug bei einem selbst. Kann ich exakt selbst verstehen, warum ich so und nicht anders bin oder mich so und nicht anders verhalte?

Ohne jetzt näher über wissenschaftliche Hintergründe im Bereich Selbstanalyse zu verfallen, die ich auch gar nicht weiß oder weiter erläutern könnte, kann man nur erahnen, dass es mit der jeweiligen Historie eines Menschen zu tun hat – wie er sich verhält und warum er das tut oder jenes lässt. Einen äußerst interessanten Artikel darüber findet Ihr beispielsweise hier.

Was machen wir stattdessen? Suchen uns irgendwelche Rationalisierungen, um uns Dinge, die wir nicht genau verstehen können/wollen, einfacher zu erklären:

Der fährt ein teures Auto, der muss Geld haben. Der hat lange Haare, trägt Lederjacke und hört Rockmusik, der macht bestimmt auch Krawall oder hat keinen Job. Und um beim konkreten Fall zu bleiben: Der Unterkircher hat Frau und 3 Kinder, dass der Berge besteigt ist doch unverantwortlich.

Ich könnte jetzt hundert andere Beispiele bringen, aber belassen wir es dabei.

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Wir („Kleingeister“?) können nicht verstehen, was einen wie ihn antreibt, welche Leidenschaft jemand für eine Sache an den Tag legt und dafür lebt. Genau deshalb steht uns dafür auch keine Bewertung zu.

Die allermeisten Menschen führen ein „normales“, „geregeltes“ Leben, das für sie keine Gedanken und Taten zulässt, wie Sie Karl Unterkircher haben konnte, sind risikoscheu und treffen keine möglicherweise lebensverändernden Entscheidungen, und damit meine ich nicht die Entscheidung morgens beim Bäcker, ob sie besser Laugenbrötchen oder Nußschnecken nehmen.


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